Mittwoch, 3. Oktober 2012

Produktionsnotizen




Was ist die Erinnerung? Gestern hatte ich mit einem Kind zu tun. Ich versuchte ihm, in einem kurzen Gespräch, die Bedeutung der Erinnerung zu erläutern. Dazu hatte ich ein Bonbon mit dabei. Zitrone.
Das Bonbon duftete sehr gut und ich fragte, woran es sich bei dem Duft erinnerte. Sofort leuchteten seine Augen. Es erzählte mir, dass es beim Duft an Urlaub in Italien denke.
Dann gingen wir weiter und spazierten in Vergangenem herum. Kleinigkeiten. Es ergab sich ein Gespräch, als ob wir über die Vergangenheit sprachen, die noch Zukunft war. Wir fantasierten. Es war einfach nur schön.
Am Ende verstanden wir beide nicht, was denn jetzt die Erinnerung sei. Aber irgendwie machte sich das Gefühl breit, dass es etwas gibt, in einem, ein Land oder eine Welt, die trotz der Gegenwart, trotz der zeitlich festgelegten Wahrnehmung, unabhängig weiterexistiere. Ein nebensächliches Zitronenbonbon. In unserer Arbeit fokussieren wir uns auf die Imagination. Wir wollen, dass sie etwas freilegt. Im klassischen Sinne, soll das in sich gehen, einen kathartischen Zweck haben. Ich glaube viele unserer Konflikte rühren daher, dass wir uns nicht trauen, diese beiden Zeiten, nämlich die Welt der Vergangenheit und die Welt der Gegenwart als gleichzeitig anzuerkennen. Die Katharsis darf nicht stattfinden. Aber als ich gestern mit dem Kind sprach wurde mir klar: Das Vergangene ist genauso gegenwärtig wie der Augenblick indem du, lieber Leser diese Zeile liest. Und das In-Sich-Gehen hat in der Vergangenheit nicht viel zu tun, wenn es nicht auch in die Gegenwart darf.